Sharleen redete versöhnlich auf Randy ein, der bereits im Nebenraum vor ihr kniende wieder an ihr rumfingerte. Was für eine Aufführung? Ein Dramaturg hätte es sich nicht besser ausdenken können. Die besten Stoffe liefert immer noch das Leben selbst. Was für ein Paar! Der eifersüchtige Randy mit der Figur eines dicken Kuschelbären und der Stimme und dem Charme eines Blecheimers und die kleine geile zierliche Sharleen, vor der er sich gerade erniedrigte und lächerlich machte.
Ich dachte daran, das diese beiden wohl noch länger brauchen werden, um sich voneinander abzunabeln. Was suchte Sharleen bloß? Klar, sie wollte Spaß haben und das möglichst oft und mit möglichst vielen. Irgendwie imponierte sie mir, denn sie stand zu dem, was sie wollte. Das gab ihr trotz ihrer Zierlichkeit eine starke Ausstrahlung und Selbstbewusstsein. Und dieses Selbstbewusstsein machte sie so anziehend für die Männer, wie eine brennende Glühbirne für die Motten. Dieses „dazustehen was ich will“ hatte ich noch nicht gelernt auf der Reise zu mir selbst aber ich war bereit dazu.
Sie tat mir aber auch irgendwie leid. Vielleicht war das der Grund dafür, dass ich den Abfall im Wohnzimmer fast allein wegräumte und vielleicht war das der wahre Grund, warum ich für Sharleen tabu war: ich kannte sie zu gut. In Sachen Menschenkenntnis hat mir meine Reise sehr weitergeholfen. Die vielen verschiedenen Typen, die ich kennengelernt habe, finden sich in vielen anderen Menschen teilweise wieder. Das erleichtert mir jedes mal die „Kennenlernphase“ enorm. Bis zum heutigen Tage habe ich noch keinen Menschen wirklich falsch eingeschätzt. Das bedeutet nicht, dass mich keiner mehr überraschen könnte. Nein, so versteinert bin ich auch nicht. Nur mit wachsender Erfahrung wird es immer schwieriger für andere Menschen, mich zu überraschen.